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Der
Blutfettsenker
Cerivastatin (Lipobay ® , Baycol ® Bayer AG)
wurde vom Markt genommen
Alle jetzt diskutierten Nebenwirkungen waren und sind Betroffenen
und Ärzten lange bekannt, da sie in den Produkt-Beipackzetteln
ausführlich und ohne Beschönigung beschrieben sind. Die
wissenschaftliche Datenlage hat die 1997 erfolgte Zulassung
von Cerivastatin eigentlich nicht gerechtfertigt.
kommentierende
Anmerkung von Dr. med. Jochen H. Kubitschek
Liebe Nutzer des Info-Netzwerks Medizin 2000,
viele Besucher unserer Websites haben sich in den vergangenen
Tagen aufgrund persönlicher Betroffenheit mit Fragen zur Marktrücknahme
von Lipobay ® , Baycol ® (Cerivastatin) an
uns gewandt. Gerne informieren wir als firmenneutrales Internet-Medizinportal
die Informationssuchenden und gehen auch auf individuelle Sorgen
ein. Wir werden diese Stellungnahme weiter aktualisieren.
Die
Bayer AG hat den viel verwendeten Blutfettsenker Lipobay
® , Baycol ® (Cerivastatin) aufgrund der abermals ins Bewusstsein
gerückten möglichen lebensbedrohlichen Nebenwirkungen des Medikaments
freiwillig vom Markt genommen. Das Unternehmen hat der Öffentlichkeit
mit dieser Vorsichtsmassnahme Verantwortungsbewusstsein
signalisieren wollen.
Doch
ist diese überstürzt wirkende Notfallmaßnahme aus medizinischer
Sicht tatsächlich erforderlich gewesen ? Stimmen die Relationen
zwischen der drohenden medizinischen Gefahr und den chaotisch
erscheinenden Schutzmassnahmen? Ist die geradezu hysterisch
anmutende Aufregung um Lipobay ® rational begründet ?
Wir
vom Info-Netzwerk Medizin 2000 haben unsere Zweifel an
der Darstellung und Bewertung der Vorgänge in der Öffentlichkeit
und können die ganze Aufregung daher aufgrund der bisher bekannten
Fakten nicht so recht nachvollziehen- obgleich man natürlich nie
ausschließen kann, dass nach und nach weitere Informationen bekannt
werden, die ein völlig anderes Licht auf die Vorgänge werfen.
Ganz
sicher ist die Behauptung es handele sich um einen zweiten "Contergan-Skandal"
medizinisch in keiner Weise begründet und daher unsinnig.
Zuerst möchten wir Ihnen die entscheidende erste Presseerklärung
vorstellen, mit der die Bayer AG die deutschsprachigen Medien
über die Marktrücknahme von Lipobay ® , Baycol ® informiert
hatte:
Bayer setzt die Vermarktung des Cholesterinsenkers
Baycol/Lipobay aus
Leverkusen - Bayer setzt mit sofortiger Wirkung weltweit mit Ausnahme
von Japan die Vermarktung sämtlicher Dosierungen des Cholesterinsenkers
mit dem Markennamen Baycol bzw. Lipobay (Wirkstoff Cerivastatin)
aus und wird die im Markt befindliche Ware zurücknehmen.
Grund für diese freiwillige Maßnahme sind vermehrte Nebenwirkungsmeldungen
über Muskelschwäche (Rhabdomyolyse) insbesondere bei Patienten,
die trotz
einer Kontraindikation und Warnhinweisen gleichzeitig den
Wirkstoff Gemfibrozil erhielten. Japan ist hiervon nicht
betroffen, weil Gemfibrozil dort nicht im Handel ist.
"Wir haben uns im Interesse der Patientensicherheit zu
diesem Schritt entschlossen. In den kommenden Monaten werden wir
unsere Untersuchungen fortsetzen, um das Nutzen/ Risikoverhältnis
von Cerivastatin zu bewerten", erklärt Dr. David Ebsworth,
der Leiter des Bayer-Geschäftsbereiches Pharma. Bayer wird vor
einer eventuellen Neuaufnahme der Vermarktung von
Dosierungen von Baycol/Lipobay mit den zuständigen Behörden
das weitere Vorgehen klären.
Sie sehen, dass ursprünglich nach Ansicht der Bayer AG in erster
Linie nicht Lipobay ® , Baycol ® /Cerivastatin das "eigentliche"
medizinische Problem darstellt, sondern die nicht empfohlene
kombinierte Einnahme mit einem anderen Blutfettsenker (Gemfibrocil).
Japanische Patienten waren daher vorerst von der Marktrücknahme
von Lipobay ® , Baycol ® nicht betroffen, da dort
Gemfibrocil nicht zugelassen ist. Mittlerweile (23.8.2001)
wurde Cerivastatin auch in Japan vom Markt genommen.
Ohnehin
wurde die von Bayer publizierte Ansicht von kritischen Marktbeobachtern
nicht geteilt. Diese verwiesen schon früh unter anderem darauf,
dass nur 12 der ursprünglich bekannt gewordenen 31 US-Toten die
gefährliche Wirkstoff-Kombination eingenommen haben. Die anderen
verstorbenen Patienten bekamen Cerivastatin als Monotherapie -
also ohne gleichzeitige Gabe eines zweiten Blutfettsenkers.
Offenbar
kommt es also nicht auf die kombinierte Anwendung mehrerer Substanzen
an, sondern mehr auf die Menge des eingenommenen Cerivastatins.
Alle
in den USA verstorbenen Patienten sollen die Substanz in einer
Maximaldosierung von 0.8 mg erhalten haben. In Deutschland
liegt aber die höchste zugelassene Dosierung bei 0.4 mg. täglich.
Es wird seit einiger Zeit von Pharmakologen und erfahrenen Klinikern
angeraten, die Cerivastatin-Therapie mit 0.1 mg zu beginnen und
die Dosis nur langsam und unter strengen Kontrollen weiter auf
maximal 0.4 mg zu steigern.
In
Deutschland wurden bisher 91 Zwischenfälle mit Cerivastatin gemeldet
- davon verliefen lediglich 7 tödlich. Ein noch nicht bewiesener,
ursächlicher Zusammenhang mit der Einnahme von Cerivastatin
soll bei 3 Patienten bestehen.
Die
meisten der den deutschen Kontrollbehörden wegen Nebenwirkungen
aufgefallenen Patienten hatten Cerivastatin als blutfettsenkende
Monotherapie bekommen.
Sachverständige
Ärzte wiesen beispielsweise in der "Ärzte Zeitung" darauf
hin, dass die beobachteten Fälle von Zersetzung der Skelettmuskulatur
(Rhabdomyolyse) bei richtigerund früher Diagnosestellung relativ
leicht mit den üblichen harntreibenden Substanzen zu behandeln
sind - selbst wenn es aber trotz der schnellen Behandlung der
Muskelschäden zu einem akuten Nierenversagen kommen sollte,
liegt das Sterberisiko bei unter 10%.
Die
jetzt in der Öffentlichkeit so aufgeregt diskutierten Vorfälle
stellen für Pharmakologen also in keiner Weise eine Überraschung
dar. Aus unserer Sicht ist derzeit auch kein "Arzneimittel-Skandal"
zu erkennen. Skandalös ist bestenfalls die Trägheit mit der die
Zulassungsbehörden auf die Ihnen unter anderem auch von der
Bayer AG mitgeteilten Fakten reagiert haben
(Link zur Presseerklärung der Bayer AG).
Außerdem könnte man vielleicht in der Zulassungsprozedur einen
"Skandal" erkennen: die großen klinischen Studien (4S,CARE,
WOS und LIPID), die die Basis der Therapie mit Statinen (CSE-Hemmer)
darstellen, wurden ausschließlich mit den früher entwickelten
und zugelassenen Statinen der Konkurrenz durchgeführt. Dies ist
unverständlich, da es längst bekannt ist, dass zur gleichen Substanzfamilie
gehörende Wirkstoffe im Körper unterschiedlich verstoffwechselt
werden. Bei den Statinen ist es beispielsweise so, dass bei keinem
anderen Produkt ein so hoher Anteil im Blut zirkuliert wie bei
Cerivastatin (40%). Gelangt das Statin aber nicht mit dem Blut
zur Muskulatur, dann kann es die Muskelfasern auch nicht
zerstören.
Alle
derzeit verfügbaren Statine wurden von den zuständigen Behörden
zugelassen bzw. im Markt belassen, obgleich die in seltenen
Fällen drohenden Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse bekannt sind
bzw. waren.
Die
offenbar bei allen Statinen mehr oder weniger drohende Gefahr
der Muskelerkrankung Rhabdomyolyse ist somit schon lange bekannt
und wird insbesondere auch im Beipackzettel von Lipobay ® deutlich
beschrieben "Kombination mit Gemfibrocil
nicht empfohlen. Erhebliches Risiko einer Rhabdomyolyse."
Weiter
wird unter "Hinweise" ausgeführt: ".....vermutete
oder diagnostizierte Myopathie (Muskelerkrankung) oder Rhabdomyolyse
(Muskelaufloesung) Lipobay ® , Baycol ® absetzen".
Bei
den anderen in Deutschland zugelassenen Statinen wird die seltene
Nebenwirkung Rhabdomyolyse meist auch im Beipackzettel beschrieben
- gleichzeitig mit zahlreichen anderen bedrohlichen Nebenwirkungen.
Da die Beipackzettel auch der Information der Patienten dienen,
sind also auch diese über drohende Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse,
allergischer Schock und Leberentzündungen informiert.
Das
pharmakritische Arznei Telegramm listete bereits im März
2001 folgende Verdachtsfälle auf:
Cerivastatin
|
46
|
Simvastatin
|
24
|
Lovastatin
|
12
|
Atorvastati
|
11
|
Fluvastatin
|
6
|
Pravastatin
|
5
|
Da
einige der anderen Statine deutlich häufiger verordnet werden
als Cerivastatin, ist in der Tat der Verdacht begründet, dass
diese Substanz deutlich mehr gefährliche Nebenwirkungen
verursacht als die Produkte der Mitbewerber.
Wenn
Patienten den Beipackzettel nicht lesen oder nicht beachten bzw.
die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen nicht mit einem sachkundigen
Arzt diskutieren, dann begeben sie sich in eine Gefahr die man
beispielsweise mit dem bewussten fahren in einem Auto mit defekten
Bremsleitungen vergleichen kann. Der oft propagierte "mündige
Patient" ist nun einmal faktisch "Herr der Therapie".
Außerdem muss man sich verdeutlichen, dass die bisher in den USA
und in Deutschland zusammengetragenen Todesfälle (bei weltweit
rund 6 Millionen Anwendern - 500.000 davon in Deutschland) lediglich
im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von
Lipobay ® , Baycol ® aufgetreten sind - ein ursächlicher
Zusammenhang wird von den Experten zwar in einigen Fällen vermutet
(oder ist sogar wahrscheinlich) - er ist aber derzeit noch
nicht wissenschaftlich bewiesen.
Mit
großer Wahrscheinlichkeit haben die verstorbenen Patienten nämlich
(parallel zu den verordneten Blutfettsenkern ) auch andere Medikamente
eingenommen, die theoretisch ebenfalls an der Entstehung
gefährlicher Komplikation (z.B. Rhabdomyolyse) zumindest beteiligt
gewesen sein könnten. Die Medizingeschichte ist derart voll von
Fehlinterpretationen - auch auf höchster wissenschaftlicher
Ebene - dass hier eine gesunde Skepsis angebracht ist. Dies um
so mehr, wenn man die vergleichsweise niedrige Zahl der angeblichen
Lipobay-Opfer betrachtet.
Auch in Deutschland sind derzeit verschiedene andere Lipidsenker
aus der Substanzfamilie der sog. Statine (CSE-Hemmer) verfügbar
- wie z.B. Simvastatin / Zocor ® MSD, Denan ® Boehringer
Ingelheim, Lovastatin / Mevinacor ® MSD, Pravastatin / Liprevil
® Bristol-Myeres Squibb, Pravasin protect ® Bristol-Myers
Squibb und Mevalotin ® von Sankyo.
Alle
diese Substanzen eignen sich prinzipiell für den Ersatz von Lipobay
® , Baycol ® / Cerivastatin.
Im Zusammenhang mit dem Statin Pravastin (Pravasin ® protect)
weist Bristol-Myers Squibb beispielsweise darauf hin, dass bei
diesem Statin der Abbau des Wirkstoffs in der Leber auf anderen
Stoffwechselbahnen erfolgt als beim Cerivastatin. Dadurch
sollen gefürchteten Nebenwirkungen wie beispielsweise Rhabdomyolyse
extrem selten vorkommen. Die bisher vorliegenden Statistiken untermauern
diese Aussage.
Das individuelle Verhalten von Betroffenen und ihren Ärzten sollte
sich in der Zukunft Tagen ausschließlich auf logische, medizinische
Überlegungen und nicht auf irrationale Panikreaktionen stützen.
Ich kann bei Abwägung der bekannten Fakten keinerlei Grund für
die zu beobachtenden Überreaktionen erkennen, da nur eingetreten
ist, was allgemeines medizinisches Wissen ist. Nebenwirkungen
die im Beipackzettel so herausgehoben werden treten natürlich
gelegentlich auch ein - sonst gäbe es keinen Grund im Beipackzettel
zu warnen.
Was kann man unter einem hohen Cholesterinspiegel leidenden
Patienten derzeit empfehlen?
Handelt
es sich bei der Einnahme eines Statins um eine eher "kosmetische"
Therapiemaßnahme bei leicht bis mittelgradig erhöhten Cholesterinwerten
- bei ansonsten niedrigem Herz-Kreislaufrisiko (niedriger Blutdruck,
Nichtraucher, Sportler etc.) - dann würde ich einem meiner
Patienten derzeit kein Statin empfehlen.
Diese Zurückhaltung ist übrigens auch dann sinnvoll, wenn
der vorgegebene Zielwert des "bösen" LDL-Cholesterins
durch die Einnahme des Statins ohnehin nicht erreicht werden konnte.
Bei einer nicht effektiven Therapie sollte man keinerlei Zusatzrisiken
eingehen seien sie auch noch so klein. Leicht erhöhte
Cholesterinwerte sprechen außerdem meist gut auf eine blutfettsenkende
Diät an.
Liegt
bei einem Patienten hingegen ein hohes allgemeines
Herz-Kreislauf- bzw. Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko vor
(Risikofaktoren sind unter anderem Bewegungsarmut, angeborene
Hypercholesterinaemie, frühere Herzinfarkte, Übergewicht,
Rauchen, hoher Homocysteinblutspiegel, Zuckerkrankheit und/oder
hoher Blutdruck), dann würde ich bei einem Patienten das Statin
Cerivastatin beispielsweise durch Pravastatin ersetzen
- unter strikter Beachtung der jeweiligen Packungsbeilage,
bzw. der vom Hersteller gegebenen Therapieempfehlungen.
Der wichtigste Punkt der bei allen Überlegungen
beachtet werden sollte: das Risiko an einem Herzinfarkt zu sterben
ist insbesondere bei Patienten mit mehreren vorhandenen
Risikofaktoren oder früher durchgemachten Infarkten sehr viel
größer als das Risiko an einer doch extrem selten zu beobachtenden
Nebenwirkung eines Statins zu sterben.............
Wenn
also ein drastisch erhöhter Cholesterinspiegel beim gleichzeitigem
Vorliegen mehrerer zusätzlicher Risikofaktoren nur durch
Verordnung eines Statins abgesenkt werden kann (und nicht auf
eine Diät oder ein anderes Medikament anspricht), dann kann
die weitere Einnahme eines Lipidsenkers aus der Familie der Statine
aufgrund einer rationalen Risikoabwägung weiter empfohlen werden.
Grundsätzlich sollte jeder betroffene Patient dieses aktuelle
Problem mit seinem Hausarzt /Kardiologen besprechen, der
das derzeitige individuelle Herz-Kreislauf-Risikoprofil
aufgrund der Ergebnisse zahlreicher wissenschaftlicher Studien
zutreffend beurteilen kann.
Die
bisher in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Todesfälle stellen
im Vergleich zu anderen Risiken kein hohes Gefährdungspotential
dar.
Es
gibt Hunderte von auch in Deutschland viel verordneten Medikamenten,
deren Beipackzettel zum Teil eine ganze Reihe von potentiell lebensbedrohlichen
Nebenwirkungen auflisten. Man sollte diese potentiellen
Risiken sinnvoller Weise immer in direkte rechnerische Beziehung
zum lebensrettenden Nutzen setzen der von der jeweiligen Therapie
ausgeht.
Ein
rationales Abwägen von Nutzen und Risiko ist auch in anderen Lebensbereichen
durchaus üblich: so wäre es beispielsweise unsinnig, Airbags zu
verbieten, nur weil gelegentlich eine ungeplante Entfaltung der
ansonsten lebensrettenden technischen Schutzeinrichtung menschliches
Lebens gefährdet. Und niemand fordert ernsthaft die Einstellung
des Luftverkehrs/Bahnverkehrs nur weil gelegentlich ein Flugzeug
abstürzt bzw. ein Zug entgleist. Es werden nicht einmal die Straßentunnel
geschlossen, obgleich sie sich in der letzten Zeit immer wieder
als Todesfallen erwiesen haben.
Nach
den bisher bekannt gewordenen Fakten zu Lipobay ® , Baycol ®
erscheint die nahezu hysterische Reaktion der Öffentlichkeit /
der Medien auf die beschriebenen Nebenwirkungen -
insbesondere im Vergleich zu den zahlreichen wesentlich größeren
Risiken des täglichen Lebens die von der Gesellschaft geradezu
stoisch akzeptiert werden (Straßenverkehr, Rauchen, Alkohol
etc.) - überzogen und irrational. Dieser unserer von Anfang
an vertretenen Ansicht schließt sich auch der Chefredakteur der
Ärzte Zeitung, Hagen Rudolph, an in dem er für seinen Artikel
die Überschrift "War der CSE-Hemmer denn überhaupt gefährlich?"
(27.8.2001) wählt.
Ich
erinnere in diesem Zusammenhang nur an die im renommierten
New England Journal of Medicine publizierte Studie
zur Gefährlichkeit der frei verkäuflichen Schmerzmittel von ASS-Typ
(Acetylsalicylsäure). Wenn man dieser Studie glauben kann
- und nichts spricht dafür, dass die Gefahren übertrieben werden
- sterben allein in den USA pro Jahr (!) mehr als 16.000 Menschen
an den Nebenwirkungen dieser freiverkäuflichen sog. nicht-steriodalen
Entzündungshemmern /Analgetika.
War die Marktrücknahme von Lipobay gerechtfertigt oder sogar
zwingend?
Nach
den mittlerweile bekannt gewordenen Fakten drängt sich mir heute
die Meinung auf, dass die Zulassung von Cerivastatin übereilt
erfolgt ist. Man kann sich eben nicht blind auf Studien verlassen,
die mit ähnlichen (aber nicht identischen Substanzen) durchgeführt
wurden. Die Zulassungsbehörden hätten unbedingt auf die Durchführung
größerer Therapiestudien unter Einschluss von mehr Patienten bestehen
müssen. Außerdem wurde der hohe Anteil der im Blutkreislauf zirkulierenden
Substanz (40%) aufgrund eines Irrtums von der Bayer AG als Vorteil
von Cerivastatin interpretiert und nicht als gravierender Nachteil
(zitiert nach Professor Ulrich Schwabe in Focus).
Spätestens
wenn das geringere Gefahrenpotential anderer Statine wie Pravasin
wissenschaftlich einwandfrei belegt ist, hat Cerivastatin seine
Daseinsberechtigung als Blutfettsenker endgültig verspielt. Bis
dahin ist das Ruhen der Zulassung vermutlich eine angemessene
Vorgehensweise.
Wie
so oft in den vergangenen Jahrzehnten liegen die Ursachen des
angeblichen Arzneimittel "Skandals" bei der in der Art
einer Laienspielgruppe agierenden Zulassungsbehörden und weniger
bei den in der Öffentlichkeit "angeklagten" Arzneimittelproduzenten.
Eine
ausgewogenere Auffassung wird nunmehr sogar von der Aufsichtsbehörde
öffentlich geäußert. Der Leiter der Instituts für Arzneimittelsicherheit
und Medizinprodukte (BfArM) Harald G. Schweim sagte gegenüber
DPA, dass in Deutschland nicht von einem Arzneimittelskandal gesprochen
werden kann. Die amerikanischen Ärzte haben Cerivastatin zu hoch
dosiert und ihre Patienten über 65 nicht ausreichend überwacht,
deren Nieren die bei Rhabdomyolyse entstehenden Zelltrümmer nicht
mehr optimal ausscheiden können.
Hinweis: die Betroffenen und ihre Ärzte sollten alle über ein
beliebiges Print- oder Internetmedium erteilten medizinischen
Ratschläge mit gesunder Skepsis betrachten, da bekanntlich nur
der persönliche und vertrauensvolle Arzt/Patientenkontakt die
Grundlage einer verantwortungsbewussten ärztlicher Tätigkeit sein
kann.
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