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Original-Artikel
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Entgegnung
auf den von
Antje
Schmelcher im Wiesbadener Kurier vom
26.1.2006 veröffentlichten
Artikel „Warum die Hauptstadt auf den Hund gekommen
ist“
Warum
schon wieder ein Leserbrief? Warum kann man über den
kleinen „harmlosen“ Artikel von
Antje Schmelcher
zum weltbewegenden Thema „Hundescheiße vermiest den
Berliner Flaneuren die Freude am täglichen Schaufenster-Bummel“
nicht einfach mit einem sauren Aufstoßen hinweggehen? Die
Antwort ist einfach: die Autorin fordert nicht etwa die überall
auf der Welt bewährten Bußgelder für asoziale und/oder egozentrische
Hundehalter, sondern verwechselt Ursache und Wirkung und will
ausgerechnet jenen Lebewesen - sie spricht von Tölen
- an den Kragen, die aufgrund der von uns abweichenden Ausstattung
ihres Zentralnervensystems selbst jenseits des Welpenaltern
nie so etwas wie ein Stadium der „Strafmündigkeit“
erreichen. Doch für unsere Autorin sind nicht die Berliner
das Problem, sondern die Hunde der Berliner.
Schon
vor rund 2000 Jahren kam der römische Kaiser und Philosoph
Marc Aurel zu einer Erkenntnis, die sich
Frau Schmelcher
offenbar bis heute nicht aufgedrängt hat: “Mürrische
Leute haben mürrische Hunde und gefährliche Leute haben gefährliche.“
Dies kann man beliebig fortschreiben. Beispielsweise so: “Unerzogene,
schmuddelige Menschen haben unerzogene und schmuddelige
Hunde“.
Frau
Schmelchers Artikel zeigt eine verkehrte Weltsicht und
ist ein Beispiel für moralisch fragwürdigen Journalismus,
der ohne Rücksicht auf Verluste bereitwillig Vorurteile bedient.
Menschen wie die Autorin sind die Schreibtischtäter, die den
Sadisten die auch in Deutschland Hunde zu Tode quälen das
atmosphärische Umfeld bereiten, das hemmende Schuldgefühle
erst gar nicht aufkommen lässt.
In
letzter Zeit mehren sich auch in den als „seriös“
eingestuften Medien Artikel, die mehr oder weniger offen
- und meist in einem scheinbar humorvollen Plauderton - zur
Tötung jener Hunde aufrufen, die den jeweiligen Autoren aus
diesem oder jenem Grund auf den Geist gehen. Dabei hat der
eine Autor eine höhere und der andere eine niedrigere Reizschwelle.
Mal pissen die Köter in einem Blumenladen einen Zweig an und
ein anderes Mal liegen sie in einer Kneipe faul im Weg herum,
so das der arme Gast auf dem Weg zum Klo über sie hinwegsteigen
muss. Und ein dritter Journalist sieht in den aus spanischen
oder rumänischen Hunde-KZ´s befreiten und von deutschen Tierfreunden
adoptierten Todeskandidaten eine Gefahr für die Volksgesundheit
– obgleich die von den Fellnasen tatsächlich ausgehenden
Risiken verschwindend klein sind.
All
diese Befindlichkeiten sind dann Grund genug, um den unschuldigen
Tieren mehr oder weniger offen den Tod an den Hals zu wünschen.
Und immer geht es politisch korrekt um die Vernichtung der
Hunde – die Halter der Tiere, bzw. die für das Hundeelend
Verantwortlichen, kommen nahezu immer - politisch
korrekt und den Absatz der Artikel fördernd - mit einem verbalen
Klaps auf die Hand davon.
Dampft
man
Frau Schmelchers Text auf das ein, was er jenseits
der humorvollen Plaudereien aussagt, dann kommt eine mörderische
Grundeinstellung heraus, die unweigerlich an
Georg Kreislers
„Gehen wir Tauben vergiften im Park…..“
erinnert.
Die
Journalistin hofft rhetorisch auf wirtschaftlich noch
schlechtere Zeiten, da diese die Hartz-IV-Empfänger dann –
ähnlich wie in den von Heinrich Zille in seinen Zeichnungen
dokumentierten Notzeiten – dazu zwingen werden,
ihre mit öffentlichen Geldern aufgepäppelten, „kalbsgroßen“
Hunde zu schlachten und aufzufressen. Natürlich wird
Frau Schmelcher diese Kritik zurück weisen: „Das
ist doch unübersehbar Satire – und Satire darf bekanntlich
alles.“ Nein,
Frau Schmelcher. Da
muss auch ich Kurt Tucholsky zitieren, der an gleicher
Stelle sagt, dass Satire immer etwas Positives ist. Die Werbung
für eine Kriegsanleihe kann daher keine Satire sein“
- in diesem Sinn kann auch Ihr Hoffen auf die
Massentötung der kalbsgroßen Hunde durch hungrige Arbeitslose
keine Satire sein.
Warum
diese mit Heimtücke gewürzte Abneigung gegen Hunde?
Warum ist es nicht einfach genug selbst keinen Hund zu halten?
Wer sich in den heutigen Zeiten zumindest verbal derart über
Hundekacke aufregen kann, muss wirklich eine sehr eingeschränkte
Sicht der Weltläufe haben. Und selbst auf Berlins Straßen
könnten einem intelligenten Zeitgenossen ganz andere Probleme
sauer aufstoßen als breitgetretene Hundehaufen. Auch ich ärgere
mich ansonsten über diese Hundehaufen und die Halter dieser
unerzogenen Hunde – doch lassen Sie mich ganz offen
sein: ich möchte nicht ausgerechnet die Hundenasen in einem
Anfall von „Steinzeit-Pädagogik“ in die Haufen
drücken. Da habe ich ganz andere Assoziationen.....
Offenbar
innerlich gelb vor Sozial-Neid fragt unsere Autorin in ihrem
Artikel „Warum aber lieben die Berliner in nicht so
schlechten Zeiten die Hunde so sehr?“ In Zeiten
also, in denen die kalbsgroßen Scheißer nicht als potentielles
Nahrungsmittel in Frage kommen? Diese Frage kann man
wohl auch so lesen „Warum vergöttern so viele Menschen
diese blöden Köter - und warum hat mich niemand so richtig
lieb?“
Der
Frau kann leicht Klarheit verschafft werden: Niemand hat die
Liebe zum Hund so gefühlvoll und zutreffend erklärt wie der
Philosoph
Arthur Schopenhauer. Bereits im 19. Jahrhundert
kam er zu folgender Erkenntnis: “Woran sollte man sich
von der endlosen Verstellung, Falschheit und Heimtücke der
Menschen erholen, wenn die Hunde nicht wären, in deren ehrliches
Gesicht man ohne Misstrauen schauen kann?“
Und
ein anderer Mann der Feder, der Literatur-Nobelpreisträger
von 1911,
Maurice Maeterlinck, stellt die einmalige
Lovestory zwischen gefühlsmäßig halbwegs intakten Menschen
und unseren vierbeinigen Freunden in einen größeren Zusammenhang,
indem er ein wenig melancholisch feststellt: „Wir sind
allein, völlig allein auf diesem Planeten. Von all den Lebensformen
um uns herum hat sich außer dem Hund keine auf ein Bündnis
mit uns eingelassen.“
Und
schließlich - da aller guten Dinge drei sind - soll
noch ein wirklich harter Bursche - so eine Art
Bruce
Willis vergangener Zeiten - zu Wort kommen, der
wahrlich nicht für seine Gefühlsduseleien bekannt geworden
ist.
Friedrich
der Große, König von Preußen, konstatiert knapp: “Hunde
haben alle guten Eigenschaften des Menschen, ohne gleichzeitig
ihre Fehler zu besitzen. Je mehr ich von den Menschen sehe,
um so lieber habe ich meinen Hund.“ Das
sitzt - und da soll man Hunde nicht lieben?
Wer
aber noch immer nicht ganz versteht, warum viele Berliner
ihre Hunde lieben und mit ihnen sogar sprechen, ist ein beinahe
bedauernswerter Tropf.
Da halte ich es mit meinem Lieblings-Komödianten
Heinz Rühmann, der gesagt haben soll: “Natürlich
kann man ohne Hund leben, es lohnt sich nur nicht.“
Jochen
Kubitschek
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