Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften, Dipl. Biol. Barbara Ritzert, 28.11.2008
Neue
Materialien und Methoden treiben die Entwicklung bei Zahnimplantaten
voran
Im kommenden Jahr dürfte die Schallmauer durchbrochen
werden: 2009 werden Zahnärzte in Deutschland aller
Voraussicht nach mehr als eine Million Zahnimplantate
einpflanzen. Fortschritte in der Diagnostik machen die Eingriffe
schonender, neue Strategien ermöglichen eine Implantation
auch in komplizierten Fällen und nicht zuletzt stehen
neue Materialien bei dem 22. Kongress der Deutschen Gesellschaft
für Implantologie auf dem Prüfstand der Forschung.
Der Kongress findet mit rund 2000 Teilnehmern vom 27. bis
29. November 2008 in Frankfurt statt.
"Das Interesse an Implantaten bei den Patienten steigt
deutlich", erklärt Professor Günter Dhom,
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie.
Zahnärzte implantieren in Deutschland in diesem Jahr
schätzungsweise 950000 künstliche Zahnwurzeln,
350 000 mehr als vor zwei Jahren. Damit dürfte im kommenden
Jahr die Millionengrenze übersprungen werden.
Patienten
wollen Spezialisten. Zahlreiche Umfragen belegen, dass es
der Mehrzahl der Patienten wichtig ist, von einem ausgewiesenen
Spezialisten behandelt zu werden. Da im Rahmen des Zahnmedizinstudiums
nur die Grundlagen der Implantologie gelehrt werden können,
spielt die Fortbildung der Zahnärzte auf diesem Gebiet
daher eine große Rolle. Darum fördert die DGI,
mit über 6500 Mitgliedern die größte wissenschaftliche
Fachgesellschaft auf ihrem Gebiet in Europa, nicht nur die
wissenschaftliche Weiterentwicklung des Faches, sondern
bietet auch ein abgestuftes, umfangreiches Fortbildungsprogramm
für Zahnärztinnen und Zahnärzte an.
Die
Entwicklung in der Implantologie ist rasant: Neue Materialien
und neue Methoden sorgen dafür, dass die Eingriffe
auf der einen Seite schonender werden. Gleichzeitig erweitert
sich das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten. Heute
sind Therapien möglich, die noch vor wenigen Jahren
fast undenkbar waren. "Die Zahnheilkunde wird biologischer
und invasiver", erklärt Prof. Dr. Dr. Hendrik
Terheyden, Chefarzt der Klinik für MKG-Chirurgie am
Rotes Kreuz Krankenhaus in Kassel und Präsident des
22. Kongresses der DGI. Die biologische Regeneration von
Weichgeweben und Knochen sowie die Wundheilung rücken
zunehmend in das Interesse der Zahnmediziner. Neue Materialien
für Zahnimplantate sowie innovative Methoden - von
der schnelleren Knochenregeneration mit neuen Wachstumsfaktoren
bis hin zu Stammzellen - stehen auf dem Prüfstand der
Wissenschaft.
Wachstumsfaktoren. Ein Beispiel ist der Growth differentiation
factor 5, kurz GDF 5, genannt. Dieser hat osteotrope Effekte
und wird als Beschichtung für Knochenersatzmaterialien
eingesetzt. GDF 5 wurde auch in Deutschland klinisch getestet.
Terheyden:?"Ich gehe davon aus, dass der Einsatz dieser
Substanz in absehbarer Zeit praxisreif sein wird."
Im Vergleich zu unbeschichtetem Ersatzmaterial werde, so
Terheyden, beim Einsatz von GDF 5-beschichtetem Material
schneller und mehr Knochen gebildet, etwa vergleichbar mit
den Ergebnissen nach der Transplantation von autologem Knochen.
"Die Vorstudie hat gezeigt, dass das beschichtete Ersatzmaterial
jedoch nicht besser ist als das autologe Knochentransplantat.
Doch dem Patienten wird die Entnahme-Operation erspart."
Stammzellen.
Bei vielen Patienten ist eine Implantation erst dann möglich,
wenn der geschrumpfte Kieferknochen aufgebaut wurde. Ob
der Einsatz von Stammzellen bei dieser sogenannten Augmentation
sinnvoll ist, prüfen Wissenschaftler inzwischen im
Rahmen klinischer Studien. Stammzellen können mittlerweile
zum Teil direkt durch Aspiration bei einer Punktion des
Beckenkamms gewonnen werden. Sie werden nach einer entsprechenden
Aufbereitung zusammen mit Knochenersatzmaterialien, etwa
speziell aufbereitetem Rinderknochen, eingesetzt, um die
Verwendung von körpereigenem Knochen des Patienten
zu vermeiden. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass
dieser Ansatz zu vergleichbaren Resultaten führt wie
die Verwendung von körpereigenem Knochen des Patienten.
Neue
Materialien. Jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt, die
Patienten implantologisch behandeln, wollen natürlich
wenn immer möglich die neuesten Techniken und die besten
Methoden anwenden. "Diskutiert wird daher auf unserer
Tagung, ob Keramikimplantate - genauer gesagt Zirkonoxidimplantate
- geeignet sind", sagt Terheyden. Der Werkstoff Titan
gilt bislang als Goldstandard, an dem sich die neuen Werkstoffe
messen müssen. Schon einmal - in den 80er Jahren -
hatten die Zahnärzte auf Keramikimplantate gesetzt,
damals aus Aluminiumoxidkera-miken. Doch diese heilten schlecht
ein, die Verlustraten waren hoch und die Implantate brachen
häufig.
Zirkonoxidkeramiken
sind nun die neuen Hoffnungsträger. Experten wie Professor
Jörg Wildfang von der Klinik für MKG-Chirurgie
des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel
bescheinigen dem neuen Material eine hohe Bruchzähigkeit
und sehr gute Elastizität. Das Material ist vergleichbar
biokompatibel wie Titan. Keramikimplantate kommen in Frage,
wenn ein einzelner Zahn ersetzt werden muss oder eine sogenannte
Schaltlücke vorliegt, wenn mehrere Zähne nebeneinander
in einer Zahnreihe fehlen.
Allerdings
dauert es länger, bis die Keramik eine feste Verbindung
mit dem Knochen eingegangen ist. Und während bei Titanimplantaten
eine sofortige Belastung unter bestimmten Umständen
möglich ist, müssen Zirkonoxidimplantate belastungsfrei
unter einer Schiene einheilen. Auch die provisorische prothetische
Versorgung dieser Implantate ist komplizierter. Vor allem
aber fehlen Langzeitergebnisse.
Die
Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Mund-, Kiefer-
und Gesichtsbereich e.V. (DGI) ist mit über 6500 Mitgliedern
- Zahnärzten, Oralchirurgen, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen
- die größte Fachgesellschaft im Bereich der
Implantologie in Europa. Ihr Markenzeichen ist die enge
Kooperation von Praktikern und Hochschullehrern. Deren gemeinsames
Ziel ist die schnelle Umsetzung gesicherten Wissens und
neuer Erkenntnisse in die Praxis durch ein differenziertes
Fortbildungsangebot für Zahnärztinnen und Zahnärzte
auf dem Gebiet der Implantologie - zum Nutzen von Patientinnen
und Patienten.
Mehr
Informationen:
http://www.dgi-ev.de
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