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Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Julius Kühn-Institut, Dipl.-Biol. Stefanie Hahn,
18.12.2008
Wissenschaftler des Julius Kühn-Instituts bestimmen
schnell und zerstörungsfrei Ölgehalte und Zusammensetzung
von Arzneifenchelöl. Sie begleiteten über Jahre
ein Züchtungsprogramm, um Fenchel einjährig
zu machen und Ölausbeuten zu erhöhen.
(Quedlinburg) Wenn Kinder unter Husten
leiden, greifen Eltern gerne zu bewährten natürlichen
Arzneimitteln wie Fencheltee oder Fenchelhonig. Letzterer
ist Honig, der mit bitterem Fenchelöl versetzt ist.
Das in den Fenchelsamen enthaltene ätherische Öl
steigert die Bewegung der Flimmerhärchen in der Lunge
und in den Atemwegen, so dass Schleim leichter abgehustet
werden kann. Der Wilde Fenchel, auch Bitterfenchel genannt,
der heute in Deutschland angebaut wird, hat einen langen
Zuchtprozess hinter sich, den die Wissenschaftler des
Julius Kühn-Instituts in Quedlinburg über Jahrzehnte
begleitet haben. Dabei haben sie nicht nur dafür
gesorgt, dass einjährige Pflanzen mit hohen Ölgehalten
auf deutschen Feldern wachsen, sondern auch neue zerstörungsfreie
Analysemethoden entwickelt, um die Qualität und Zusammensetzung
des Öls rasch prüfen zu können.
"Um
den Zuchtprozess zu beschleunigen, mussten wir effektive
Schnellmethoden entwickeln, um mit möglichst minimalem
Aufwand tausende Einzelpflanzen zu analysieren",
berichtet Dr. Hans Krüger vom JKI-Institut für
Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz.
Der Chemiker, der am Quedlinburger Hauptsitz forscht,
weiß um die Bedürfnisse der Züchter und
die Komponenten, die ein gutes Arzneifenchelöl ausmachen.
Die
Nah-Infrarotspektroskopie (NIRS) erwies sich als besonders
leistungsfähig, denn sie erlaubt die zerstörungsfreie
Analyse der Fenchelfrüchte. "Das ist wichtig,
denn so können die ausgewählten Zuchtformen,
die die gewünschten Kriterien am besten erfüllen,
wieder ausgesät werden", erläutert Dr.
Krüger die Spezialität des Quedlinburger Analytiklabors.
Sein Ziel ist eine zerstörungsfreie Methode, mit
der sich die Qualität des ätherischen Öls
in den Pflanzenproben rasch einschätzen lässt.
Die Hauptkomponenten des Fenchelöls sind Anethol
und Fenchon. Sie müssen in einem bestimmten Verhältnis
enthalten sein, damit sie ihre medizinische Wirkung (schleimlösend)
im Bereich der Atemwege entfalten können.
Um
Bitterfenchelöl (z.B. für Fenchelhonig) zu gewinnen,
wollten die Züchter Fenchelpflanzen, die bereits
nach einem Jahr Früchte bilden. Die Ölgehalte
sollten möglichst hoch und die Früchte möglichst
groß sein. Für Fencheltee sind hingegen kleine
Früchte mit niedrigerem Ölgehalt gefragt. "Wenn
man auf so viele verschiedene Eigenschaften selektiert,
dann geht dies nur, wenn die chemische Analytik rasch
verlässliche Ergebnisse liefert", so Krüger.
Wechselt die Arzneipflanze oder das Zuchtziel, müssen
auch die Analyse-Methoden wieder neu angepasst werden.
In Quedlinburg werden für zahlreiche Arznei- und
Gewürzdrogen leistungsfähige NIRS-Kalibrationen
entwickelt. Neben Fenchel gelang dies unter anderem auch
für Kümmel, Koriander, Dill, Pfefferminze, Schafgarbe
und Pfeffer.
Hintergrundinformation:
Vom
Echten Fenchel oder Garten-Fenchel gibt es drei Varietäten,
die sich in ihrer Verwendung und Wuchs unterscheiden:
-Gemüsefenchel auch Knollen- oder Zwiebelfenchel
genannt (Foeniculum vulgare var. azoricum)
-Gewürzfenchel oder Süßfenchel (Foeniculum
vulgare var. dulce)
-Wilder Fenchel oder Bitterfenchel (Foeniculum vulgare
var. vulgare)
Bitterfenchelpflanze Foto: Krüger/Julius Kühn-Institut
Ein
wesentlicher Schwerpunkt der Forschungsarbeiten der Pflanzenanalytik
am JKI besteht in der Entwicklung und praktischen Nutzung
neuer NIR-spektroskopischer Schnellmethoden zur Bestimmung
wertgebender Inhaltsstoffe in diversen Wild- und Kulturpflanzenarten.
Da es sich bei diesen Messungen um indirekte Analyseverfahren
handelt, müssen zunächst geeignete Kalibriermodelle
auf der Basis von Referenzdaten (zum Beispiel von chromatographischen
Analysen, gravimetrischen Analysen, Festigkeitsmessungen
und anderen) entwickelt werden. Hierfür werden leistungsfähige,
multivariate statistische Verfahren eingesetzt, die sowohl
für qualitative Interpretationen als auch für
quantitative Vorhersagen einzelner Inhaltsstoffe heran
gezogen werden können.
Ihr
wissenschaftlicher Ansprechpartner:
E-Mail: hans.krueger@jki.bund.de
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