Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs
22.01.2009
Zitronenmelisse
hält Herpes-Viren in der Zellkultur in Schach
Heidelberger Wissenschaftler für Untersuchungen
zur Wirksamkeit von Arzneipflanzen mit dem Sebastian-Kneipp-Preis
2008 ausgezeichnet
Schon die Kräutermedizin
des Mittelalters setzte bei Entzündungen auf die Zitronenmelisse.
Jetzt haben Wissenschaftler am Universitätsklinikum
und der Universität Heidelberg nachgewiesen, dass sie
das Herpesvirus, das bei rund 20 Prozent der Bevölkerung
Entzündungen an der Lippe (Lippenherpes) hervorruft,
im Reagenzglas in Schach halten kann. Die Wissenschaftler
wurden dafür im November 2008 mit dem Sebastian-Kneipp-Preis
2008 ausgezeichnet. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis ging
zu gleichen Teilen an das Forscherteam Privatdozent Dr.
Paul Schnitzler, Abteilung Virologie des Hygiene-Instituts
am Universitätsklinikum Heidelberg, und Professor Dr.
Jürgen Reichling, Institut für Pharmazie und Molekulare
Biotechnologie der Universität Heidelberg, und Professor
Dr. Veronika Butterweck, University of Florida, USA, für
ihre Untersuchung der angstlösenden Wirkung von Arzneipflanzen..
Seit
acht Jahren überprüfen die Heidelberger Wissenschaftler
die therapeutische Wirkung von Heilpflanzen, die in historischen
Berichten überliefert ist: "Wir fanden heraus,
dass Extrakte von Heilpflanzen
in Zellkulturen effektiv die Infektion mit verschiedenen
Bakterien, Herpesviren, Erkältungsviren und Hefepilzen
eindämmen können", erklärt Professor
Reichling. Als wirksam erwiesen sich ätherische Öle
aus Kamille, Rosmarin, Pfefferminze, Manuka- und Teebaum
sowie wässrige oder alkoholische Extrakte aus Melisse,
Salbei oder Pfefferminze. Die Heidelberger Forscher identifizierten
zudem die Inhaltsstoffe, die den Krankheitserreger entgegenwirken.
Die Naturstoffe sind auch deshalb interessant, weil die
Erreger in zunehmendem Maße resistent gegen Antibiotika
oder Anti-Viren-Mittel werden.
Öl
der Zitronenmelisse blockiert Befall der Zellen mit Herpesviren
Aktuell
sind die Arbeiten zur Zitronenmelisse: Ihr Öl verringert
die Infektion einer Zellkultur mit Herpes-Viren um mehr
als 97 Prozent, indem es die Viren vor dem Befall der Zellen
blockiert. Diese Ergebnisse wurden 2008 im Fachjournal "Phytomedicine"
veröffentlicht. Da die Pflanzenöle gut in der
Haut resorbiert werden, ist eine einfache äußerliche
Anwendung denkbar. Außerdem wirken die Öle bereits
in so geringen Konzentrationen, dass schädliche Nebenwirkungen
für den Körper bisher selten beobachtet werden.
Erste
klinische Tests, die von australischen Medizinern mit Teebaumöl
durchgeführt werden, belegen den Nutzen der Salbentherapie.
Allerdings steht der Beweis für die Wirksamkeit in
einer klinischen Studie noch aus. Die Heidelberger Wissenschaftler
sind mit den Ärzten des Universitätsklinikums
Heidelberg nun im Gespräch, die Wirksamkeit der Zitronenmelisse
klinisch zu testen.
Sebastian-Kneipp-Preis
2008 würdigt wissenschaftliche Untersuchungen von Heilpflanzen
Ziel
des ganzheitlichen Therapiekonzeptes nach Sebastian Kneipp
(1821 bis 1897) ist es, das körpereigene Abwehrsystem
zu stärken und die Selbstheilungskräfte zu fördern.
Die Kneipp-Therapie baut auf fünf Säulen auf:
Bewegung, Ernährung, Ordnung, Wasser und Pflanzen.
Zubereitungen aus Heilpflanzen werden dabei als unterstützende
therapeutische Maßnahme eingesetzt. Die mit dem Kneipp-Preis
ausgezeichneten Arbeiten tragen dazu bei, das therapeutische
Wirkungsspektrum verschiedener Heilpflanzen genauer zu untersuchen
und wissenschaftlich zu untermauern.
Literatur:
Schnitzler
P., Schuhmacher A., Astani A., Reichling J. (2008) Melissa
officinalis oil affects infectivity of enveloped herpesviruses.
Phytomedicine, 15, 734-40.
Schnitzler
P., Koch C., Reichling J. (2007) Susceptibility of drug-
resistant clinical HSV-1 strains to essential oils of ginger,
thyme,
hyssop and sandalwood.
Antimicrob. Agents Chemother., 51, 1859 - 1862.
Reichling
J., Suschke U., Schneele J., Geiss H.K. (2006) Antibacterial
activity and irritation potential of selected essential
oil components
- structure-activity relationship.
Nat. Prod. Comm. 11, 1003-1012.
Nolkemper
S., Reichling J., Stintzing F.C., Carle R., Schnitzler P.
(2006) Antiviral effect of aqueous extracts from species
of the
Lamiaceae family against herpes simplex virus type 1 and
type 2 in
vitro.
Planta Med. 72, 1378 - 1382.
Klinische
Studie:
CF
Carson et al.: Melaleuca alternifolia (tea tree) oil gel
6%) for
the treatment of recurrent herpes labialis, J Antimicrob
Chemother
2001; 48: 450 - 451
Information
im Internet:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Schnitzler.6549.0.html
Universitätsklinikum
und Medizinische Fakultät Heidelberg:
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem
Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten
und
renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die
Medizinische
Fakultät der Universität Heidelberg zählt
zu den international
bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in
Europa.
Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und
ihre rasche
Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät
beschäftigen rund
7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung.
In
mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten
werden
jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär
behandelt.
Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg;
das
Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der
Spitze der
medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand
12/2008)
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