Späte
Mutterfreuden – Chancen und Risiken
Frauen,
die mit Ende 30 bis Anfang 40 Mutter werden, befinden
sich in bester Gesellschaft. Die Liste prominenter
später Mütter reicht von Cherie Blair über Madonna,
Kim Basinger, Caroline von Hannover, Bärbel Schäfer,
Sandra Maischberger bis Barbara Wussow. Sie bekamen
mit über 40 noch ein gesundes Kind. Besorgte Kommentare
verstummen zwar nicht, aber sie werden seltener und
die Warnungen von Gynäkologen sind aus guten Gründen
vorsichtiger geworden: Dank moderner Vorsorge- und
Therapieangebote kommen mehr als 90% der Kinder später
Mütter kerngesund zur Welt.
Risikoschwangerschaft
– was heißt das heute?
Ab dem 35. Lebensjahr wird im Mutterpass
grundsätzlich von einer „Risikoschwangerschaft“ gesprochen.
Obgleich es durchaus kein Problem mehr ist, mit über
35 ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, erhöht sich
mit dem Alter der Mutter das Risiko einer Chromosomenstörung,
der Trisomie 21 – dem Down-Syndrom. Darum sind Gynäkologinnen
und Gynäkologen verpflichtet, jede werdende Mutter
ab 35 auf die Möglichkeiten der pränatalen Diagnostik
hinzuweisen, aber auch weitere Risiken rechtzeitig
abzuklären. Bei einer 40Jährigen beträgt die Gefahr,
ein Kind mit Down-Syndrom zu erwarten 1:100 und das
Risiko einer Fehlgeburt ist fast doppelt so hoch wie
mit 30. Auf der anderen Seite leben späte Mütter
gesünder, indem sie auf ihre Ernährung achten, sportlich
aktiv sind und auf Alkohol und Nikotin verzichten.
Sie befinden sich meistens auf dem Höhepunkt ihrer
Leistungsfähigkeit und Attraktivität. Sie nehmen die
Vorsorgeuntersuchungen sorgfältiger wahr als viele
jüngere Schwangere, sind zumeist beruflich etabliert
und gehen mit Alltagsstress gelassener um. Die meisten
späten Mütter nehmen sich Zeit und Muße, eine harmonische
Schwangerschaft bewusst zu erleben. Übrigens: Jedes
sechste Baby wird hierzulande von einer Mutter über
35 geboren.
Die
wichtigsten Risiken später Mutterschaft
Schwangere in höherem Alter leiden öfter an Bluthochdruck.
Es besteht die Gefahr einer Minderdurchblutung der
Plazenta und damit wächst das Risiko einer Frühgeburt.
Außerdem kann das Kind mangelernährt zur Welt kommen.
Um dem Ungeborenen nicht zu schaden, wird der Bluthochdruck
nur im Extremfall mit Medikamenten gesenkt. Stattdessen
sind Stressabbau, Ruhe und Entspannung ratsam. Ein
Schwangerschaftsdiabetes tritt am häufigsten bei Frauen
über 35 auf. Ebenso sind übergewichtige Frauen gefährdet.
Die überhöhten Blutzuckerspiegel werden meistens in
der zweiten Schwangerschaftshälfte festgestellt und
sind vielfach mit einer Ernährungsumstellung in den
Griff zu bekommen. Andernfalls muss Insulin verabreicht
werden, um dem Entstehen eines Typ-II-Diabetes der
Mutter nach der Entbindung vorzubeugen. Ein unbehandelter
Schwangerschaftsdiabetes beeinträchtigt auch die Gesundheit
des Kindes, das oft als Schwergewicht und nur mit
Hilfe eines Kaiserschnitts das Licht der Welt erblickt.
Eine „Schwangerschaftsvergiftung“, auch Gestose oder
Präklampsie genannt, zeigt sich durch Wasseransammlungen
im Gewebe, Bluthochdruck, eine gestörte Nierenfunktion
und wird auch als „Stoffwechselstörung der Spätschwangerschaft“
bezeichnet. Es gibt keine einzelne Ursache und auch
Viren oder Bakterien sind nicht beteiligt. Die Schwangerschaftsgestose
ist schätzungsweise für bis zu 50% der Frühgeburten
verantwortlich, und deshalb muss es das erklärte Ziel
frauenärztlicher Betreuung sein, eine vorzeitige Entbindung
hinauszuzögern. Erfahrungsgemäß kann eine abwechselungsreiche
eiweiß- und energiebetonte aber keineswegs salzarme
Kost einer Gestose vorbeugen und die Symptome, insbesondere
die Ödeme, verringern helfen. Entwässerungsmittel
sollten nicht angewandt werden. Das trifft auch auf
Brennnesseltee zu.
Sorge
vor dem Down-Syndrom
Viele ältere Schwangere befürchten, dass
ihr Kind möglicherweise nicht gesund zur Welt kommt
oder sogar behindert ist. Die Ängste konzentrieren
sich dabei vor allem auf die Chromosomenstörung der
Trisomie 21, die dem Down-Syndrom zugrunde liegt.
Das Chromosom 21 liegt nicht wie üblich doppelt, sondern
dreifach vor. Die Kinder haben eine individuell unterschiedliche
entwicklungsfähige geistige Behinderung, Fehlentwicklungen,
u.U. Fehlbildungen und häufig einen Herzfehler. Wegen
dieses Risikos raten Frauenärztinnen und –ärzte zu
verschiedenen pränatalen Diagnosemethoden.
Zu den Routineuntersuchungen in der Schwangerschaft
gehört der Ultraschall. Dieser wird in der 9.-12.
Schwangerschaftswoche vorgenommen. Dabei sind bereits
verschiedene körperlich sichtbare Veränderungen erkennbar.
Diese frühe Ultraschalluntersuchung ist in der Lage,
einige, aber nicht alle gesundheitlichen Abweichungen
zu erkennen. Daher wird eine weitere Ultraschalluntersuchung
in der 19.-22. Schwangerschaftswoche vorgenommen.
Mit einem speziellen Ultraschall im ersten Trimester
der Schwangerschaft (Ersttrimesterscreening) kann
der Frauenarzt eine individuelle Risikoabschätzung
für ein Down-Syndrom berechnen. In diesem Fall wird
die Nackenfalte des Fötus gemessen. Die so genannte
Nackentransparenz (NT) wird in einem Bereich im Nacken
des Kindes zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche
gemessen. Mit dem speziell dafür geeigneten Ultraschall
kann millimetergenau die Flüssigkeitsansammlung in
der Nackenfalte des Ungeborenen bestimmt werden. Diese
Messung fließt ein in die Risikoberechnung für das
Down-Syndrom. Das heißt: Zwischen der Nackenhaut und
dem darunter liegenden Gewebe sollte der Abstand nicht
mehr als 2,5 Millimeter betragen. Außerdem wird das
Blut der Schwangeren auf bestimmte Eiweißsubstanzen
und Hormone untersucht, sodass neben dem Down-Syndrom
auch andere Chromosomenfehler berechnet werden können.
Eine Fruchtwasseruntersuchung oder die Chorionbiopsie
liefert 100prozentige Sicherheit.
Die Nackentransparenz-Messung
wird als Vorsorgeleistung von den gesetzlichen Kassen
nicht bezahlt. Das Ersttrimesterscreening (Nackentransparenz-Messung
mit Blutuntersuchung) kostet zwischen 120-200 Euro.
Mit 40
das erste Kind? Viele Frauen haben diese Entscheidung
bewusst getroffen, denn sie wollen zunächst beruflich
Fuß fassen, bevor sie Mutter werden. Die Ärztinnen
und Ärzte des Berufsverbandes der Frauenärzte stehen
den späten Müttern mit ihrem Vorsorge- und Therapieangebot
zur Seite, damit jedes Wunschkind möglichst gesund
das Licht der Welt erblickt.
Maria-E. Lange-Ernst
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