Quelle:
Pressedienst
Berufsverband der Frauenärzte e.V. -
26.01.2009
Der
regelmäßige Verzehr von Fisch bringt nach Empfehlung
der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Gesundheit direkt auf den Tisch, denn sein Nährstoffangebot
gilt als unverzichtbar. Daher sollte ein- bis zweimal pro
Woche eine Fischmahlzeit auf dem Speiseplan stehen. Wegen
der Verschmutzung der Weltmeere kommt es jedoch bei Seefischen
zu unterschiedlichen Konzentrationen von giftigen Schadstoffen,
sodass in der Schwangerschaft und Stillzeit beim Verzehr
einiger Fischsorten Vorsicht geboten ist. Das gilt auch
für den beliebten Thunfisch, weil er überhöhte
Anteile von Methylquecksilber auf den Teller bringen kann.
Wie
gefährlich ist Methylquecksilber?
Zweifellos zählt Methylquecksilber zu den biologisch
aktivsten, nachhaltig wirkenden und hochpotenten Giften
für den menschlichen Organismus. Anorganisches Quecksilber
z.B. aus Industrieabwässern befindet
sich reichlich in der Umwelt und bleibt dort aktiv. Das
Einatmen von Quecksilberdämpfen führt bekanntlich
zu schweren Vergiftungen. Gelangt anorganisches Quecksilber
über die Flüsse in die Weltmeere verstoffwechseln
Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) die Substanz zu organischen
Methylquecksilber. Die fettlösliche Substanz wird von
Fischen und Schalentieren aufgenommen und im Gewebe gespeichert.
Offenbar können die kontaminierten Tiere gut damit
leben, denn es kommt zu deutlich höheren Konzentrationen
als in der wässrigen Umgebung. Über die Ernährung
gelangt Methylquecksilber in die Nahrungskette in den menschlichen
Körper. Es ist noch nicht genügend bekannt, dass
die Methylquecksilberkathion als die giftigste aller Quecksilberverbindungen
anzusehen ist, sie kann u.a. die fötale Hirnentwicklung
hemmen, Verhaltensstörungen hervorrufen und das Wahrnehmungsvermögen
sowie die Motorik negativ beeinflussen.
Was
Schwangere, Stillende und Frauen mit Kinderwunsch wissen
sollten
Der Verzehr von Thunfisch pur aus der Dose im eigenen
Saft oder in Öl, als Belag auf der Pizza oder zur Aufwertung
eines bunten Salats stellt an sich eine bequeme Möglichkeit
dar, die offizielle Empfehlung: Ein- bis zweimal
pro Woche Fisch zu beherzigen. Allerdings gilt dies
den Ungeborenen und Säuglingen zuliebe für Schwangere
und Stillende nicht oder höchstens mit der Einschränkung:
Einmal im Monat.
Methylquecksilber ist weder zu schmecken noch zu riechen.
Das Gift überwindet unbemerkt die Bluthirnschranke
der Mutter, passiert auch die Plazenta und gelangt zum
ungeborenen Kind. Die natürliche Trennung zwischen
dem Blutkreislauf der Schwangeren und dem des Kindes wird
von Methylquecksilber problemlos überwunden, und somit
ist der Schutz im Gegensatz zu anderen schädigenden
Einflüssen außer Kraft gesetzt. Die Einlagerung
des Giftes in das embryonale Gehirn und andere Organe kann
nicht verhindert werde. Deutliche Entwicklungsverzögerungen
des Gehirns, des peripheren Nervensystems und Schädigungen
der Nieren können die Folge sein.
Darüber hinaus ist Methylquecksilber muttermilchgängig,
das heißt, das Gift wird an Albumin gebunden (wichtigstes
Eiweiß des Blutplasmas) vom Blutkreislauf der stillenden
Frau in die sekretorischen Zellen des Brustgewebes befördert
und gelangt ungehindert in die Muttermilch. Etwa 95% des
Methylquecksilbers wird vom Magen-Darmtrakt des Säuglings
aufgenommen und kann das noch nicht vollständig entwickelte
Gehirn beeinträchtigen. Es steht auch im Verdacht,
sich auf diesem Wege auf Herz, Nieren und Immunsystem negativ
auszuwirken.
Welche
Fische sind besonders belastet?
Die Konzentration von Methylquecksilber ist bei älteren
Raubfischen wie Thun- und Schwertfischen deutlich höher
als bei jungen Exemplaren, die als Friedfische gelten. Die
EPA, das Umweltbundesamt der USA, hat für Schwangere,
Stillende und Frauen im gebärfähigen Alter eine
Auswahl von toxisch belasteten Seefischen zusammengestellt.
Vorsicht ist geboten bei Makrele, Merlin, Hai und Granatbarsch,
Heilbutt, Hummer (bezogen auf Maine USA), Zackenbarsch,
Meerforelle, Thunfisch in Dosen und frisch. Die nationale
Wissenschaftsakademie der USA schätzt, dass allein
im eigenen Land jährlich 60.000 Kinder mit neurologischen
Beeinträchtigungen als Folge von Belastungen durch
Methylquecksilber zur Welt kommen. Dass Mutationen, Krebs
und Nervenschädigungen auch beim Erwachsenen durch
den Einfluss von Methylquecksilber entstehen können,
gilt inzwischen als wissenschaftlich gesichert. Eine massive
Einschränkung der Zeugungsfähigkeit des Mannes
durch den Verzehr von kontaminierten Fischprodukten führten
mehrere Forschergruppen unabhängig von einander auf
das aufgenommene Quecksilber zurück. Reihenuntersuchungen
zeigten bei Paaren in Hongkong, dass Männer mit einer
hohen Methylquecksilber-Belastung abnorme Spermienbeweglichkeit
und missbildungen aufwiesen. Aufgrund des wachsenden
Wissens über die fatalen Einflüsse von Methylquecksilber
fordern Verbraucherschützer, die gesetzlich zulässigen
Grenzwerte zu vereinheitlichen und herabzustufen.
Gibt
es Grenzwerte?
Ein Grenzwert für Methylquecksilber im Blut von
Neugeborenen und Säuglingen ist nicht bekannt. Für
Fischarten, die keine erhöhten Methylquecksilber-Gehalte
aufweisen, gilt ein Höchstgehalt von 0,5 mg/kg. Ältere
Raubfische weisen häufig erhöhte Werte von Methylquecksilber
auf. Für diese Fische gilt europaweit ein Höchstgehalt
von 1,0 mg/kg Frischgewicht. Bei Einhaltung dieser Höchstmenge,
die durch die Lebensmittelüberwachung kontrolliert
werden, ist eine gesundheitliche Gefährdung der Allgemeinbevölkerung
bei in Deutschland üblichen Verzehrgewohnheiten nicht
zu erwarten (Stellungnahme des Bundesinstitutes für
Risikobewertung BfR; September 2008). Das BfR hat Daten
zum Quecksilbergehalt in Thunfischen und daraus hergestellten
Erzeugnissen aus der Lebensmittelüberwachung für
den Zeitraum zwischen 2000-2008 ausgewertet. Es kommt zu
dem Ergebnis, dass Thunfisch-Konserven in Einzelfällen
Höchstgrenzen von einem Milligramm je Kilogramm aufweisen.
Darum hält das BfR seine Empfehlung, dass Schwangere
und Stillende vorsorglich den Verzehr von Thunfisch einschränken,
weiterhin aufrecht.
Die
Ärztinnen und Ärzte des Berufsverbandes der Frauenärzte
raten, dem Risiko einer Unterversorgung in Schwangerschaft
und Stillzeit an Omega-3-Fettsäuren DHA rechtzeitig
zu begegnen und beim Verzicht auf fetten Seefisch eine Nahrungsergänzung
mit der Gynäkologin/dem Gynäkologen zu besprechen.
Maria-E.
Lange-Ernst
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